Gescheitert?

Vor kurzem wurde ich von einer Journalistin des Schweizer Fernsehens kontaktiert. Sie plane eine Sendung zum Thema Beziehungen, auch Scheidung und Trennung sollten thematisiert werden. Nun fehle es ihr an Protagonisten, da niemand bereit sei, vor der Kamera über diese Themen zu sprechen. Dies sei aussergewöhnlich, da es sonst nicht so problematisch sei, Menschen zu finden, die auch öffentlich über eigentlich Privates reden.

Mich hat das nachdenklich gestimmt, und ich habe mich gefragt, warum gerade in diesem Bereich die Hemmschwelle offenbar so hoch ist. Bald wird jede zweite Ehe geschieden, dazu kommen die zahlreichen Trennungen. Geschiedene oder getrennte Menschen gehören zur Gesellschaft, ich bin selbst geschieden und kann mich nicht erinnern, deswegen jemals ausgegrenzt worden zu sein. Und dennoch scheint das Sprechen über diese Themen in der Öffentlichkeit schambehaftet. Woher rührt diese Scham?

Ich habe mich an meine zahlreichen Begegnungen mit Paaren erinnert, die ich in meiner beruflichen Laufbahn begleiten durfte. Und da ist mir das Gefühl der Scham wieder begegnet: Die Scham, versagt zu haben, gescheitert zu sein. Die Scham, es nicht geschafft zu haben. Wem gegenüber schämen sich die Menschen, wenn nicht gegenüber der Gesellschaft? Häufig ist es Scham vor dem Partner, der verlassen wird, aber auch Scham vor den Kindern und genauso oft auch Scham vor sich selbst. Auch verlassene Partner schämen sich, wenn sie ihren Anteil am Geschehen erkennen.

Eine Scheidung oder Trennung ist kein Schicksalsschlag, der die Menschen trifft, und dem man machtlos gegenübersteht. Eine Paarbeziehung ist ein gemeinsames Projekt, geführt und geleitet von zwei Partner, die über Gelingen oder Beenden entscheiden. Zwei Partner, die sich entwickeln in einer Beziehung, die sich ihrerseits entwickelt. Somit haben beide Ihren Anteil an Gedeih und Verderben der Beziehung. Zerbricht sie, tritt schnell die Schuldfrage in den Vordergrund, und wer Schuld hat, schämt sich.

Vielleicht wäre es eine Erleichterung, von dieser Sichtweise abzurücken. Anzuerkennen, dass vielleicht keiner von Beiden schuld ist am Ende der Beziehung. Dass Entwicklungen stattgefunden haben, welche die Partner voneinander weg, in andere Richtungen geführt haben. Dass beide Partner anerkennen, dass sie selbst und ihr gegenüber viel in die Beziehung investiert haben, nicht zuletzt viel Liebe, und dass daraus vielleicht sogar wunderbare Kinder entstanden sind. Und dass eine Scheidung oder Trennung nicht das Scheitern der Beziehung und das Versagen der Partner darstellt, sondern einfach bedeutet, dass etwas Wunderbares, mitunter sehr schmerzvoll, zu Ende geht. Und damit auch Platz für Neues schafft.

Haben Sie auch Fragen zur Scheidung oder Trennung? Mit meiner Scheidungsberatung in Luzern oder Mediation bei Konflikten in Luzern unterstütze ich Sie sehr gerne. Kontaktieren Sie mich.

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